Graue Haare sind das Normalste der Welt. Ausnahmslos jedem von uns wird, wenn er in den Spiegel schaut, früher oder später das erste graue Haar salutieren. Angesichts dessen überrascht es doch, wie sehr wir darauf fixiert sind, diesen natürlichen Prozess hinauszuzögern. Anti Aging hat sich beinahe zu einer eigenständigen Religion entwickelt. Und wer nicht brav mitbetet: „Ich huldige der Illusion ewiger Jugend und gelobe feierlich, die Gesellschaft durch keine Falte und kein graues Haar zu erzürnen.“, wird umgehend exkommuniziert.
Das Frauenmagazin GALA ist sich nicht einmal zu schade, über ein einzelnes graues Haar auf dem Haupt der heiligen Meghan Markle zu berichten. Schließlich sei es „herrlich erfrischend, dass auch eine Meghan Markle nicht perfekt ist.“ Kaum zu glauben! Fühlen wir uns mit dieser Erkenntnis jetzt besser?
Zeit, diesem Wahn abzuschwören und graue Haare als das anzunehmen, was sie sind: Natürlicher Kopfschmuck, der beweist, dass wir lebendig und erwachsen sind.
Warum werden Haare grau?
An den Haarwurzeln befinden sich die Melanozyten, die den körpereigenen Farbstoff Melanin bilden und gleichmäßig in die nachwachsenden Haare einlagern.
Mit zunehmendem Alter lässt die Melanin-Produktion nach und unsere Haare verlieren ihre Eigenfarbe.
Wenn überhaupt keine Farbpigmente mehr ins Haar gelangen, wird es weiß. Ist es hingegen unregelmäßig pigmentiert, wirkt es grau.
Wann die ersten weißen oder grauen Strähnen auftauchen, hängt vor allem von der erblichen Veranlagung ab. Bestimmte Krankheiten, Stress, ein ungesunder Lebensstil oder medikamentöse Nebenwirkungen können das Haar schneller ergrauen lassen.
Können graue Haare wieder Farbe bekommen?
Auf natürlichem Weg ist es schwer, die Arbeit der Melanozyten wieder anzukurbeln. Hat die Pigmentierung gelitten, weil Nährstoffmangel oder eine medikamentöse Unverträglichkeit vorliegt, kann die natürliche Haarfarbe zurückkehren, sobald die Ursache behoben ist.
Gegen die grauen Haare, die mit dem Alter kommen, ist allerdings wenig zu machen.
In den Regalen der Drogerien lagern diverse Haarsprays und -lotions, die von sich behaupten, grauen Haaren die angeborene Eigenfarbe wiederzugeben. Diese Produkte enthalten Melanin-Ersatzstoffe, die auf der Haaroberfläche mit Sauerstoff reagieren und so zu einer langsamen Repigmentierung führen. Dieser Effekt hält sich nur, solange das Produkt regelmäßig angewendet wird.
Es gibt auch Hausmittel, die das Ergrauen der Haare hinauszögern oder zumindest unsichtbar machen sollen. Ob sie wirklich helfen, ist nicht wissenschaftlich belegt, aber allemal einen Versuch wert.
Beispielsweise nutzen Frauen mit dunklen Haaren schwarzen Tee, Rothaarige können Rooibos Tee nehmen und für blonde Haare eignet sich Kamillentee.
Wer hellbraunes oder rotbraunes Haar hat, greift zu Salbeitee.
Für eine Haarspülung verwendet man einen starken, lang durchgezogenen Sud des jeweiligen Tees. Einfach nach der Haarwäsche in die Haare sprühen. Bei regelmäßiger Anwendung sorgt dies für eine natürliche, sanfte Grauabdeckung.
Der gleiche Effekt lässt sich bei dunklen Haartypen übrigens mit einem Sud aus gekochten Kartoffelschalen erzielen.
Graue Haare sind mehr als ein Trend
Es ist noch gar nicht lange her, dass der „Granny Look“ in Mode war. Junge Mädchen kamen reihenweise mit grauen oder weißen Haaren um die Ecke.
Und dieselben Frauenmagazine, die vorher streng mit dem Finger auf nachlässig ergraute Promidamen deuteten, zeigten sich plötzlich schwer verliebt in tausend verschiedene Grau-Farbnuancen.
Doch der Granny Look ist mehr als nur ein Trend. Er holt graue Haare endlich aus der ästhetischen Tabuzone.
Wieso sollten reifere Frauen sich schämen, von Natur aus silbernes Haar zu haben, wenn junge Frauen extra mit Farbe nachhelfen?
Schön fühlen im Alter
Best Age Models wie die über 60jährige Yasmina Rossi ermutigen Frauen, jede Falte und jedes weiße Haar an sich zu lieben. Gesundheit und Freude sind so viel wichtiger als eine glattgebügelte Hülle.
Die 1928 geborene Baddie Winkle wurde als „coolste Oma der Welt“ auf Instagram berühmt. Auf Bildern posiert sie in knalligen, knappen Outfits, mit buntem Makeup – und natürlich grauen Haaren. Die Botschaft: Lebensfreude kennt kein Alter. Reife Frauen sind es niemandem schuldig, ihren Körper zu verstecken oder auf einen dezenteren Stil umzusteigen.
Flotte Frisuren für graue Haare
Prinzipiell gilt, dass Frau auch mit grauen Haaren jede Frisur tragen kann, die ihr beliebt. Schließlich gibt es auch keinen Schnitt, der sich nur für brünette oder ausschließlich für rote Haare eignet.
Graue Haare können allerdings optisch an Volumen verlieren und sehen schnell ungepflegt aus. Doch mit kleinen Tricks lässt sich die natürliche Schönheit weißer und grauer Haare hervorheben...
Die richtige Länge
Bei langen und mittellangen Haaren zählt ein fließender Farbverlauf. Wenn das Haar unregelmäßig ergraut, wirkt es leicht strähnig und strohig. Abhilfe schaffen dabei helle Strähnchen, die den Farbunterschied zwischen Ansatz und Spitzen optisch weicher verlaufen lassen, mehr Fülle und Dynamik ins Haar bringen.
Das Haar insgesamt aufhellen zu lassen, damit es eher weiß als grau erscheint, bringt die gesamte Erscheinung zum Strahlen.
Geheimtipp: Balayage ist eine Färbetechnik, bei dem die Strähnchen einen 3D Volumen-Effekt erhalten. Frag doch den Friseur Deines Vertrauens, mit welchen individuellen Farbnuancen sich Dein Haar durch eine Balayage pushen lässt.
Viele reife Frauen setzen auf Kurzhaarfrisuren. Mit frechen, fransigen Schnitten kann man sich sofort ein paar Jahre jünger schummeln. Sie wirken frisch und modern, kurze Frisuren mit Locken oder großen Wellen dagegen graziös und feminin.
Graue Haare rauswachsen lassen
Du hast Deine grauen Haare bis jetzt immer koloriert, möchtest sie künftig aber nicht mehr nachfärben?
Dann fragst Du Dich nun vielleicht, wie Du den Übergang zu grauen Haaren so gestalten kannst, dass der Haaransatz nicht ungepflegt aussieht.
Die Haare wachsen ungefähr ein bis maximal zwei Zentimeter im Monat. Also kann es viele Monate, je nach Länge sogar Jahre in Anspruch nehmen, bis die Haare in ihrer natürlichen Eigenfarbe rausgewachsen sind.
Wenn Du graue Haare nicht mehr färben und Dir die Übergangszeit trotzdem nicht antun möchtest, haben wir folgende Tipps für Dich:
#1 Den Ansatz temporär abdecken
Mit auswaschbaren Tönungen oder Ansatzspray lassen graue Haare sich so lange abdecken, wie es nötig ist. Übrigens sorgt auch Streuhaar für eine sanfte Grauabdeckung am Haaransatz und verleiht zusätzlich mehr Dichte und Volumen.
#2 Kurzhaarfrisur
Wenn Du schon über eine Kurzhaarfrisur nachgedacht hast, ist der ideale Zeitpunkt, sobald die grauen Ansätze ein paar Zentimeter weit nachgekommen sind. Ein Pixie Cut oder eine andere kurze Frisur sorgt dafür, dass der kolorierte Rest verschwindet. Außerdem macht es Deinen Stil sofort jugendlicher und frischer.
#3 Strähnchen
Du möchtest Deine langen Haare behalten und hast die Geduld, die Koloration allmählich rauswachsen zu lassen?
Damit der Farbübergang weich verläuft und keine „Kante“ entsteht, kannst Du Dir Strähnchen oder einen Ombre Ton zulegen, bei dem die ursprüngliche Haarfarbe ganz sanft ins nachwachsende Silberhaar übergeht, sodass Du die Ansätze nicht mehr nachfärben musst.
#Zusatztipp
Pflegeprodukte, die extra für graues Haar entwickelt wurden, enthalten einen dezenten blauen Farbanteil und verhindern so, dass die Haare einen ungewollten Gelbstich bekommen.